Urteilsübersicht - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Urheber- und Internetrecht Junge Kunst

Urteilsübersicht

Im Rahmen dieses Beitrages möchte ich auf einige Urteile hinweisen, welche zwar ganz unterschiedliche Bereiche betreffen, aber gleichermaßen beachtenswert sind.
1) Unfallversicherungsschutz bei Teilnahme an Künstlerveranstaltung
Das Bundessozialgericht hat 1994 eine grundlegende Entscheidung getroffen, welche die Teilnahme freiberuflicher Künstler an Kunstveranstaltungen betrifft. Dem Urteil lag dabei ein Sachverhalt zugrunde, der zum Alltag vieler Künstler gehört: Eine Kleinstadt veranstaltete seit einigen Jahren einen jährlich stattfindenden „Künstler-Treff“. Die damit verbundenen Aufgaben wurden geteilt: die Stadt übernahm die organisatorische Abwicklung, eine Künstlervereinigung die künstlerische Betreuung. Wie in den Jahren zuvor sollten die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler Bilder – welche teilweise noch während der Veranstaltung gefertigt wurden – ausstellen. Neben dem damit verbundenen Renommee-Gewinn für die Stadt, diente die Veranstaltung gerade auch dem Verkauf der Werke durch die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler. Der als freiberuflicher Kunstmaler tätige Kläger sagte gegenüber der Stadt seine Teilnahme an der Veranstaltung zu. Auf dem Hinweg verunglückte er mit seinem PKW und erlitt schwere Verletzungen. Zur Entscheidung stand nun, ob ein Unfallversicherungsschutz durch die Stadt aufgrund der vorgesehenen Teilnahme an der Veranstaltung bestand, ob insoweit der Verkehrsunfall als Arbeitsunfall gewertet werden konnte, d.h. der Künstler als Arbeitnehmer war, so daß bereits der Weg zur Arbeit dem Unfallversicherungsschutz seitens der Stadt unterlag.
Das Bundessozialgericht hat dies verneint. Mangels eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Stadt war der Kläger nicht „durch diese“ versichert. Zwar kann auch ein Unternehmer – und als solcher wird ein freiberuflicher Künstler gewertet – wie ein Arbeitnehmer tätig werden. Geschieht das aber unmittelbar im Zusammenhang und im Interesse seines eigenen „Unternehmens“ (Steigerung des Bekanntheitsgrad, Verkauf von Bildern … ), ist von einer solchen Arbeitnehmereigenschaft nicht auszugehen; Arbeitsunfälle werden dann unfallversicherungsrechtlich dem freiberuflichen Künstler als Unternehmer zugerechnet. (Bundessozialgericht, Urteil vom 10.03.94 – 2 RU 6/93)
Anmerkung: Wer auf Einladung an ähnlichen Veranstaltungen als Künstlerin bzw. Künstler teilnehmen möchte, sollte sich vorab bei dem Veranstalter über den gewährten Versicherungsschutz erkundigen. Und dies gilt nicht nur für Körperschäden: Ob und inwieweit die mitgebrachten und vor Ort gefertigten Kunstwerke versichert sind, muß unbedingt festgestellt werden.
2) Unterlassene Urhebernennung
Werden ohne vorherige Zustimmung im Rahmen einer Werbeanzeige Ausschnitte von Werken eines Künstlers verwand, ohne dessen Urheberschaft anzugeben, so steht dem betroffenen Künstler wegen der Verletzung der Pflicht zur Urhebernennung ein Schadensersatzanspruch zu, wenn keine freie Benutzung seiner Werke vorliegt. Von einer freien Benutzung im Sinne des Urheberrechts ist dann auszugehen, wenn ein neues selbständiges Werk entstanden ist und die entnommenen Züge des benutzten Werkes gegenüber der Eigenschaft des neugeschaffenen Werkes verblassen, also dermaßen verfremdet werden, so daß die verwendeten Bildausschnitte ihr individuelles Gepräge verlieren. Davon kann dann nicht ausgegangen werden, wenn die Bildausschnitte lediglich im Hintergrund der Anzeige wiedergegeben werden. (LG München I, Urteil vom 26.01.94 – 21 O 5465/93)
3) Freie Benutzung einer Photographie
Ein weltweit angesehener Photograph wendete sich gegen einen Kunstmaler, der ein Werk unter Verwendung einer von diesem stammenden Photographie schuf. Die Herstellung eines Plagiats konnte das Hanseatische Oberlandesgericht nicht feststellen. Das Urhebergesetz schützt nämlich nicht die schlichte Idee sondern das Werk an sich. Ob ein Plagiat vorliegt hängt also von der schöpferischen Umsetzung ab. Nur wenn der schöpferische Gehalt übereinstimmt, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor. Ob das der Fall ist, wird im Rahmen eines Vergleichs beider Werke im Hinblick auf die verwendeten Elemente und im Zusammenhang mit ihrem individuellen schöpferischen Gehalt festgestellt. Das Hanseatische Oberlandesgericht stellte dabei fest, daß der Kunstmaler das Werk frei benutzte. Im Vergleich mit der Photographie wurde die in seinem Werk wiedergegebene Figur derart reduziert, daß sie zwar erkennbar blieb, aber keine Merkmale enthielt, welche den Werkcharakter der Photographie ausgemacht hätte. (Hans. OLG Hamburg, Urteil vom 12.10 1995 – 3 U 140/95)
4) Signaturvereinbarung Wurde mit einem Galeristen beim Kauf einer Gemeinschaftsarbeit zweier Künstler eine Vereinbarung dergestalt getroffen, daß eine von beiden Künstlern signierte „Original-Expertise“ zum Lieferumfang zählt, so reicht es nicht aus, wenn lediglich einer der beiden Künstler in Vollmacht des anderen die Signaturen für beide erstellt. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.1996 – 22 U 240/95)
Rechtsanwalt Carsten M. Herrle, Kiel