Rundfunkbeitrag: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schnell erklärt
BVerfG, Urteil v. 18. Juli 2018, Az. 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 981/17
Der Rundfunkbeitrag in seiner derzeitigen Form ist verfassungsgemäß, sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich. Für den privaten Bereich gilt das aber nur für Erstwohnungen, nicht auch für Zweitwohnungen, so das BVerfG.
Drei Bürger und die Mietwagenfirma Sixt hatten beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde erhoben und sich gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags gewandt; einer von ihnen auch gegen die Erhebung bei Zweitwohnungen. Seit 2013 müssen nach dem Staatsvertrag der Bundesländer alle Haushalte einen Betrag von monatlich 17,50 Euro zahlen. Das gilt auch (zusätzlich) für Zweitwohnungen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele Personen in der jeweiligen Wohnung bzw. im jeweiligen Haus wohnen. Vor der Regelung 2013 waren einzelne Empfangsgeräte (Fernseher, Radio, PC) Anknüpfungspunkt für die GEZ-Gebühr.
„Individueller Vorteil“ für Wohnungsinhaber
Das BVerfG hat ganz überwiegend im Sinne der Rundfunkanstalten entschieden. Die Richter in Karlsruhe stellten dabei nicht auf eine tatsächliche Nutzung des Angebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ab, sondern auf die realistische Möglichkeit der Nutzung, die sich nach heutigen Maßstäben typischerweise aus der Wohnungsinhaberschaft ableiten lasse. Personen, die tatsächlich keinen Rundfunk empfangen können, könnten auf Antrag von der Beitragspflicht ausgenommen werden, so das BVerfG. Eine Anknüpfung an Empfangsgeräte sei angesichts der heutzutage vielfältigen Empfangsmöglichkeiten, die kaum zu kontrollieren seien, nicht mehr zeitgemäß.
In der Nutzungsmöglichkeit liege ein „individueller Vorteil“, den der Rundfunkbeitrag abgelten solle, gerade vor dem Hintergrund, dass das Angebot nicht allein dem ökonomischen Wettbewerb unterliege und vielfältig, authentisch und sorgfältig recherchiert sei. Auch dass jemand, der alleine in einer Wohnung lebt, genauso belastet wird wie ein Mehr-Personen-Haushalt, sieht das Gericht nicht problematisch. Denn der Gesetzgeber dürfe an die „gesellschaftliche Wirklichkeit“, dass moderne Lebensformen häufig zusammenlebende Gemeinschaften bilden, die typischerweise das Rundfunkangebot nutzen, anknüpfen.
Beitragserhebung für Zweitwohnung verfassungswidrig
Dass auch Zweipersonenhaushalte den Rundfunkbeitrag zahlen sollen, verstößt nach Auffassung des BVerfG dagegen gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz). Denn zahlungspflichtige Erstwohnungsbesitzer haben ja bereits gezahlt, womit der „individuelle Vorteil“ abgegolten sei. Damit sich der Verwaltungsaufwand für die Erfassung von Zweitwohnungen in Grenzen hält, dürften die Gesetzgeber bei einer Neuregelung indes Vorkehrungen treffen, z.B. durch das Verlangen eines Nachweises für Zweitwohnungen durch den Wohnungsinhaber.
Kein Erfolg für Sixt
Die Firma Sixt beanstandete, monatlich ein Drittel des Rundfunkbeitrags für jedes ihrer Fahrzeuge zu zahlen und hinterfragte die Staffelung nach Mitarbeiterzahl. Die Beitragspflicht für Betriebsstätten bzw. für nicht zu ausschließlich privaten Zwecken genutzte Kfz ist nach Ansicht des BVerfG ebenfalls verfassungsgemäß. Auch hier vermittelt die Nutzungsmöglichkeit des Rundfunks den Betriebsstätteninhabern einen Vorteil, zumal diese sich aus dem Angebot Informationen verschaffen können und „das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung ihrer Beschäftigten und ihrer Kundschaft nutzen“. Zudem bringe der Rundfunk in betrieblich genutzten Fahrzeugen einen zusätzlichen erwerbswirtschaftlichen (preisbildenden) Vorteil.
Darüber hinaus dürfen Unternehmen mit der gleichen Mitarbeiterzahl unterschiedlich belastet werden. Denn die Gesetzgeber hätten nicht die Beschäftigtenzahl eines Unternehmens, sondern die der Betriebsstätte zur Beitragsbemessung herangezogen.
Eine Neuregelung des Gesetzes soll bis spätestens 30. Juni 2020 erfolgen. Zu Unrecht belastete Personen können aber ab sofort einen Antrag auf Befreiung stellen.
25. Juli 2018