Filesharing: BGH zu Haftung und Gegenstandswert-Bemessung
Der BGH hat kürzlich in sechs Filesharing-Fällen zur Haftung und Gegenstandswert-Bemessung hinsichtlich der geforderten Abmahnkosten entschieden.
Haftungsfälle:
Im Verfahren I ZR 48/15 verklagten führende deutsche Tonträgerhersteller einen Anschlussinhaber, der illegal insgesamt 809 Audiodateien in einer Tauschbörse angeboten haben soll. Der Beklagte verteidigte sich damit, dass auch seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder Zugriff auf den Anschluss gehabt hätten. Der BGH folgte dem OLG Köln (6 U 209/13), das die Ehefrau als Täterin ausschließen konnte und den Beklagten haften ließ. Denn er habe „nicht hinreichen konkret dazu vorgetragen, dass seine Kinder ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen“.
In einem anderen Fall (I ZR 86/15) ging es um das illegale Anbieten eines Films. Laut Beklagte hätten nach Überlassung des WLAN-Passwortes ihre (in Australien lebende) volljährige Nichte und deren Lebensgefährte, die gerade zu Besuch waren, die Urheberrechtsverletzung begangen. Anders als das AG verurteilte das LG Hamburg die Beklagte als Störerin wegen fehlender Belehrung (310 S 23/14). Der BGH entschied nun, dass die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Rechtsverletzung gehabt habe und eine Belehrung somit nicht zumutbar gewesen sei. Eine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht gebe es nicht.
Gegenstandswert-Fälle:
In den Verfahren I ZR 272/14, I ZR 1/15 und I ZR 44/15 ging es ebenfalls um Filesharing-Vorwürfe. Die Klägerinne forderten neben Schadensersatz – 600 Euro pro Filmtitel – auch Ersatz der Abmahnkosten. Ähnlich gestaltete sich das Verfahren I ZR 43/15, in dem es um ein Computerspiel ging. Das LG Bochum hat in den vier Verfahren angenommen, dass der Gegenstandswert bzgl. der Abmahnkosten das Doppelte des erstattungsfähigen (Lizenz-)Schadensersatzes betrage (hier: 1.200 bzw. 2.000 Euro; Urteile I-8 S 9/14, I-8 S 7/14, I-8 S 11/14 und I-8 S 17/14). Das sah der BGH anders und verwies die Fälle zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück. Der Gegenstandswert sei „nach dem Interesse der Klägerinnen an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen“. Das LG hätte daher weitere Feststellungen treffen müssen, etwa zum wirtschaftlichen Wert des betroffenen Rechts, zur Dauer des Rechtsverstoßes oder zur Aktualität/Popularität des Werkes. Denn schließlich sei mit der zukünftigen Bereitstellung eines Werkes in einer Tauschbörse die Beeinträchtigung seiner kommerziellen Auswertung insgesamt zu befürchten und nicht nur die Lizenzierung des Werkes.
17. Mai 2016
Wer mahnt was ab? Tipps Urheber- und Internetrecht