SRP, KPD – nun NPD? Voraussetzungen, Verfahren und Folgen eines Parteiverbotes - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

22. März 2016

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SRP, KPD – nun NPD? Voraussetzungen, Verfahren und Folgen eines Parteiverbotes

SRP, KPD – nun NPD? Voraussetzungen, Verfahren und Folgen eines Parteiverbotes
Derzeit läuft bekanntlich ein Parteiverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe gegen die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands). Der Ausgang ist offen. Was aber sind überhaupt die Voraussetzungen für ein Parteiverbot und wie läuft das Verfahren ab?
Warum ist ein Parteiverbot so schwer zu erreichen?
Parteien sind zentrale Bestandteile der Demokratie und wirken – gewählt von den Bürgern – an der politischen Willensbildung mit (Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG). Sie sind also das Bindeglied zwischen Volk und Staat. Aufgrund dieser herausragenden Bedeutung soll es natürlich nicht leicht sein, Parteien zu verbieten, vielmehr ein absoluter Ausnahmefall. Ohne hohe Anforderungen an ein Verbot könnten unliebsame Parteien stets schnell „beseitigt“ werden, was letztlich auch nicht im Sinne der Meinungsfreiheit wäre. Daher darf auch nur das Bundesverfassungsgericht über ein Parteiverbot entscheiden.
Bislang gab es zwei Parteiverbote in Deutschland: 1952 wurde die SRP (Sozialistische Reichspartei) verboten, vier Jahre später die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands).
Voraussetzungen und Verfahren eines Verbotes
Zur Antragstellung befugt sind Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung (§ 43 Abs. 1 BVerfGG), ferner eine Landesregierung, wenn sich der Wirkkreis der Partei auf dieses Bundesland beschränkt (§ 43 Abs. 2). Im Falle des NPD-Verbotsverfahrens hat 2013 der Bundesrat den Antrag gestellt.
Vorab prüft das BVerfG im Vorverfahren, ob der Antrag überhaupt Erfolg haben kann. Dazu gehören auch etwaige Hindernisse, die dem Verfahren im Wege stehen könnten. 2003 scheiterte das NPD-Verbotsverfahren an der Hinzuziehung von Vertrauenspersonen (V-Leuten), die sich in die NPD eingeschleust hatten. Drei der acht Verfassungsrichter hatten damals daraufhin die Einstellung des Verfahrens bewirkt.
Im jetzigen NPD-Verbotsverfahren sind solche entgegenstehenden Umstände nicht ersichtlich, so dass das Hauptverfahren eröffnet wurde. Hier wird geklärt, ob die betroffene Partei verfassungsfeindlich ist, d.h. sie muss „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“ (Art. 21 Abs. 2 S. 1 GG). Dabei wird gefordert, dass sie eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“ einnimmt, und zwar nicht bloß durch einzelne Mitglieder, sondern von ihrer Grundausrichtung her. Es kommt nicht darauf an, ob die Partei bereits verfassungsfeindlich agiert hat; das Verbot ist vielmehr eine Präventivmaßnahme. Die Partei muss aber die Beeinträchtigung oder Zerstörung der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Blick haben. Das kann sich z.B. äußern in rassistischen Meinungen der Parteispitze, der Missachtung von Menschenrechten oder dem Abschaffungswillen hinsichtlich der Gewaltenteilung oder der Demokratie.
Insbesondere auf das Merkmal „aktiv kämpferische, aggressive Haltung“ wird es wohl beim NPD-Verbotsverfahren ankommen. Dabei ist zu klären, was dafür spricht, dass die NPD zielgerichtet die freiheitlich demokratische Ordnung beinträchtigen und beseitigen will.
Über das Verbot entscheidet das BVerfG mit einer Zweidrittel-Mehrheit; für ein Verbot müssen also mindestens sechs Richter stimmen.
Folgen eines Parteiverbotes
Werden die Voraussetzungen für die Verfassungsfeindlichkeit bejaht und entscheiden nicht mehr als zwei Richter gegen ein Verbot, so wird die Partei aufgelöst und die Schaffung einer Ersatzorganisation wird untersagt. Ferner zieht das Parteiverbot für die Abgeordneten (bei der NPD derzeit einer im Europaparlament, fünf im Schweriner Landtag und knapp 350 Kommunalabgeordnete) den Verlust der Mandate nach sich. Außerdem kann das Parteivermögen (zu gemeinnützigen Zwecken) eingezogen werden.
Die NPD könnte nach einem Verbot noch zum EGMR (Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte) ziehen. Das letzte Wort wäre dann erst in Straßburg gesprochen. Wenngleich rechtes Gedankengut der einzelnen Parteimitglieder im Falle eines Parteiverbotes nicht ausgeräumt wird, so wird zumindest die – im Fall der NPD nicht unbeachtliche – Parteienfinanzierung für eine verfassungswidrige Partei gestoppt.