Unfall durch Übermüdung hat meist schwere Konsequenzen - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

15. Januar 2016

Wer mahnt was ab?

Unfall durch Übermüdung hat meist schwere Konsequenzen

Unfall durch Übermüdung hat meist schwere Konsequenzen

LG Wiesbaden, Beschl. v. 22. Juni 2015 – 1 Qs 61/15

Wer nach einem Sekundenschlaf einen Unfall baut, begeht häufig eine Straftat, die den Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich zieht. Denn normalerweise nimmt man bei einer Übermüdung deutliche Anzeichen wahr, so das LG Wiesbaden, das sich insoweit der BGH-Rechtsprechung anschloss.

Ein Pkw-Fahrer ist bei einer Fahrt am Steuer eingeschlafen und stieß infolge dessen gegen einen (ordnungsgemäß) geparkten Wagen. Bei der polizeilichen Vernehmung gab er seinen Sekundenschlaf zunächst zu. Daraufhin entzog ihm das AG Wiesbaden vorläufig die Fahrerlaubnis und beschlagnahmte seinen Führerschein (§§ 111a, 94 StPO). Grund: Der Unfallverursacher (Beschuldigte) sei dringend verdächtig, den Straßenverkehr infolge geistiger oder körperlicher Mängel gefährdet zu haben (§ 315c Abs. 1b StGB*). Aller Voraussicht nach werde wegen seiner Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen.

Über die Beschwerde des Beschuldigten hatte das Landgericht zu entscheiden. Der Beschuldigte verteidigte sich mit der Aussage, er sei von der Polizei falsch verstanden worden. Er habe nur Überlegungen zu einer möglichen schlechten Sicht oder einer allenfalls leichten Übermüdung angestellt. Eine ausschlaggebende Übermüdung habe er weder vor noch während der Fahrt bemerkt. Das aber hielt das LG Wiesbaden für wenig überzeugend, zumal die Straßenverhältnisse zum Tatzeitpunkt gut gewesen seien (trocken, gute Sicht, ausreichende Beleuchtung). Zudem spreche der Umstand, dass der Beschuldigte lediglich Überlegungen zum Unfallhergang anstellte, dafür, dass er sich an den Unfall nicht erinnern könne, was gerade den Sekundenschlaf erklärte.

Für eine Straftat nach § 315c Abs. 1b StGB, die zum Entzug der Fahrerlaubnis führen kann, genüge ein erkannter oder erkennbarer Übermüdungszustand des Fahrers. Dass ein normaler gesunder Fahrer sehr plötzlich von einer Müdigkeit übermannt wird, widerspreche gesicherten Fachkenntnissen, wie bereits der BGH entschieden hat (4 StR 66/69). Zuvor nehme er stets deutliche Anzeichen wahr. In der Gesamtschau sei daher ein dringender Tatverdacht gegeben.

*In § 315c Abs. 1 StGB heißt es:

Wer im Straßenverkehr

1. ein Fahrzeug führt, obwohl er

a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder

b) infolge geistiger oder körperlicher Mängel

nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen (…)

und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (…)“