BVerfG verhandelt zu „Tonfetzen“: Ist ungefragtes Sampling erlaubt? - BVerfG 1 BvR 1585/13 (anhängig) - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

4. Dezember 2015

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BVerfG verhandelt zu „Tonfetzen“: Ist ungefragtes Sampling erlaubt? – BVerfG 1 BvR 1585/13 (anhängig)

Eine alte Rechtsfrage, die auch auf europäischer Ebene immer mehr an Bedeutung gewinnt: Ist das ungefragte Sampling, also die Übernahme und (leichte) Abänderung von Musiksequenzen, erlaubt, wenn es nur um sehr kurze Tonfolgen geht? Oder anders ausgedrückt: Steht die Kunstfreiheit in einem solchen Fall über urheberrechtlichen Belangen? Das Bundesverfassungsgericht wird bald Klarheit schaffen, seine Entscheidung wird etliche Musiker betreffen.

Der Produzent Moses Pelham hatte für das Lied „Nur mir“ (gesungen von Sabrina Setlur) eine zweisekündige Musiksequenz des Werkes Metall auf Metall“ (1977) der Gruppe Kraftwerk übernommen, diese leicht abgeändert und als Loop (Schleife) unterlegt. Kraftwerk klagte, weil sie ihre Urheberrechte verletzt sehen. Schließlich habe Pelham nicht – wie es die meisten Künstler machten – gefragt, ob Kraftwerk mit der Verwertung einverstanden ist. Die damals aufwändigere Produktion der Tonfolgen dürfe nicht einfach per Knopfdruck (ungefragt) anderweitig verwendet werden. Pelham dagegen spricht von gängigem Sampling im Hip-Hop-Bereich. Er wisse nicht immer, von wem die übernommenen Sequenzen stammen, die (ungefragte) Übernahme kurzer Musikfolgen sei aber sein von der Kunstfreiheit geschütztes Recht.

Zwei Gründungsmitglieder der Gruppe Kraftwerk klagten gegen Pelham auf Unterlassung und Schadensersatz. Die Sache ging bis zum BGH und bislang gewannen die Urheber in jeder Instanz (vgl. zuletzt BGH I ZR 182/11). Nun wollen sich Pelham und andere Künstler wehren und zogen vor das Bundesverfassungsgericht. Wann das BVerfG entscheiden wird, ist noch nicht klar, ebenso wenig ob und inwiefern die europäische Urheberrechtsrichtlinie von 2002 dabei eine Rolle spielen wird.