Von einer „missverständlichen Idee eines Fachausschusses“ sprach EU- Kommissar für Digitalwirtschaft Günther Oettinger. Nach vielen öffentlichen Diskussionen und einer Petition mit über 500.000 Unterschriften stimmten die Abgeordneten des EU-Parlaments für die Panoramafreiheit.
Ins Rollen kam der Stein, nachdem die EU-Abgeordneten Julia Reda (Piratenpartei) und der französische konservative Abgeordnete Jean-Marie Cavada im Rahmen der Harmonisierung des EU-Rechts zwecks Anpassung an das digitale Zeitalter unterschiedliche Vorschläge unter anderem zur Panoramafreiheit unterbreiteten. Während Reda eine generelle europäische Panoramafreiheit (= Recht zur Veröffentlichung oder kommerziellen Nutzung von Bildern/Videos von Kunstwerken und öffentlichen Bauwerken) forderte, wie es etwa in Deutschland, Österreich, Spanien und Skandinavien der Fall ist, schlug der Franzose vor, dass die kommerzielle Nutzung von Fotos/Videos von Bauwerken der Einwilligung des Rechteinhabers bedürfe, wie es in Frankreich und Italien der Fall ist. Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments folgte zunächst Cavadas Vorschlag. Hintergrund ist, dass die mächtigen Konzerne wie Google und Amazon nicht auch noch vergütungsfrei Bilder von bedeutenden Bauwerken kommerziell nutzen sollen.
Doch nach dem gewaltigen Protest vieler Bürger kam nun die Kehrtwende: Die Mitglieder stimmten dafür, dass alles bleibt, wie es ist. Das heißt, in Deutschland dürfen auch weiterhin Fotos und Selfies von öffentlichen Bauwerken geschossen und auf Facebook, Twitter und Co. gepostet werden; in Frankreich bleibt das (kommerzielle) Fotografieren vom Eiffelturm oder Arc de Triomphe ohne Erlaubnis verboten.
Ende des Jahres will die EU-Kommission eine Gesetzesinitiative zum Urheberrecht vorlegen. Dafür sind die Empfehlungen des EU-Parlaments wichtig.
2. November 2015
Urheber- und Internetrecht Aktuelles