Online-Händler muss negative Kundenbewertung hinnehmen (LG Köln 28 O 452/12, Urteil v. 08.05.2013) - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

15. Juni 2013

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Online-Händler muss negative Kundenbewertung hinnehmen (LG Köln 28 O 452/12, Urteil v. 08.05.2013)

 
Negative Kundenbewertungen im Internet müssen Online-Händler grundsätzlich hinnehmen, sofern es sich um ein Werturteil handelt, welches keine Schmähkritik enthält.
Auf der Onlineshop-Seite von Amazon gab ein Kunde nach Verkaufsabwicklung eine negative Bewertung ab und schrieb: „1 von 5: Miserabler Service von X Computersysteme, Kundenfreundlich ist anders!“. Ein anderer Kommentar des Kunden lautete: „Schlechter Service von X“. Indes erfolgte die gesamte Abwicklung des Kaufes über Amazon. Der Händler mahnte den Kunden ab und forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf – ohne Erfolg. Der Onlineshop-Händler ging davon aus, dass der Kunde im Auftrag eines konkurrierenden Unternehmens eine schlechte Bewertung abgegeben hätte. Zudem hätte die Kundenbewertung eine unwahre Tatsachenbehauptung dargestellt, zumal der Service des Online-Händlers stets positiv beurteilt worden wäre. Schließlich klagte der Online-Händler gegen den Kunden wegen Verletzung seines Unternehmenspersönlichkeitsrechts.
Das Landgericht Köln vertrat im Gegensatz zum Online-Händler die Ansicht, dass es sich bei den Kundenbewertungen nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Werturteile gehandelt hat. Tatsachen liegen nur dann vor, wenn sie dem Beweise zugänglich sind; Werturteile sind dagegen gekennzeichnet durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens. Sie sind – im Gegensatz zu erwiesen oder bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen – vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt.
Das Gericht verwies bei den Kommentaren „schlechter Service“ und „miserabler Service“/“Kundenfreundlich sieht anders aus“ auf die subjektive Wertung. Konkrete Anhaltspunkte, die die Einschätzung des Kunden bestätigen oder unterstreichen könnten, ergäben sich aus den Äußerungen nicht; vielmehr habe er seine Vorwürfe pauschal formuliert.
Ferner sei in der Meinungsäußerung keine Schmähkritik zu erkennen, die den Schutz der Meinungsfreiheit entfallen ließe. Im Vordergrund habe nicht die Herabwürdigung des Online-Händlers gestanden, sondern die Sachkritik. Im Rahmen von Kundenbewertungen, die wirtschaftliche Belange eines großen Kreises der Amazon-Kunden betreffen, dürften dabei auch starke Formulierungen gebraucht werden. Jedenfalls überwiege nach der Gesamtbetrachtung die Meinungsfreiheit gegenüber dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht.