Was ist ACTA ? - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

13. Februar 2012

Entscheidungen

Was ist ACTA ?

Der Begriff ACTA ist eigentlich nicht „neu“. Vor der Europäischen Kommission werden bereits seit 2008 Verhandlungen über das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) geführt. Dessen Inhalte werden der breiten Öffentlichkeit werden aber erst seit einigen Wochen aufgrund der aktuellen Protestbewegung bekannt. Damit hat diese Bewegung ein wesentliches Ziel erreicht: Öffentlichkeit.
Aber was bezweckt ACTA eigentlich? Mit ACTA wird versucht ein Handelsabkommen zwischen den jeweiligen Mitgliedsstatten zu begründen, dass die Grundlage dafür bietet, Verstöße gegen das Urheber-, Patent- und Markenrecht international effizienter zu verfolgen. Damit soll im Ergebnis der durch Produktpiraterie jährlich entstehenden wirtschaftlichen Schaden gemindert werden. Dagegen ist grundsäztlich nichts einzuwenden.
Fraglich ist nur, mit welchen Mitteln dieses Ziel erreicht werden soll. Aber nicht nur die Inhalte des Vertrages bieten Anlass zur Kritik. Es ist auch die Art und Weise, wie die Verhandlungen geführt worden.
Hauptkritikpunkt war und ist, dass die Öffentlichkeit bei den Verhandlungen ausgeschlossen ist. Es wurde auch ohne Beteiligung nationaler Parlamente bzw. des Europäischen Parlementes verhandelt.
Darüber hinaus bieten auch die in den Entwürfen genannten Maßnahmen zur Durchsetzung des Gesetzgebungsvorhabens grundlegende Bedenken. Denn es steht zu befürchten, dass mit massiven Einschränkungen der Kommunikationsfreiheit im Internet gerechnet werden muss, hier Insbesondere aufgrund von Art. 27 ACTA, der nachfogend wiedergegeben ist.
Zwar stehen noch die Ratifizierung durch die Vertragsländer und Beratungen im Europäischen Parlament aus. Allerdings besteht die Problematik, dass der Vertragstext nunmehr nicht mehr geändert werden kann. Der Vertrag kann also angenommen werden oder nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung, welche die Unterzeichnung des Vertrages zunächst ausgesetzt hat, nicht nur abwartet, bis die Protestabwelle abgeebt ist, sondern die Initiative ergreift, damit die unbestimmten Rechtsbegriffe weiter ausgeführt werden.
HANDELSÜBEREINKOMMEN ZUR BEKÄMPFUNG VON PRODUKT- UND MARKENPIRATERIE ZWISCHEN DER EUROPÄISCHEN UNION UND IHREN MITGLIEDSTAATEN, AUSTRALIEN, KANADA, JAPAN, DER REPUBLIK KOREA, DEN VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN, DEM KÖNIGREICH MAROKKO, NEUSEELAND, DER REPUBLIK SINGAPUR, DER SCHWEIZERISCHEN EIDGENOSSENSCHAFT UND DEN VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
DURCHSETZUNG DER RECHTE DES GEISTIGEN EIGENTUMS
IM DIGITALEN UMFELD
ARTIKEL 27

Durchsetzung im digitalen Umfeld
(1) Jede Vertragspartei sorgt dafür, dass die in den Abschnitten 2 (Zivilrechtliche Durchsetzung) und 4 (Strafrechtliche Durchsetzung) aufgeführten Durchsetzungsverfahren in ihrem Recht vorgesehen werden, damit wirksam gegen jede Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die im digitalen Umfeld erfolgt, vorgegangen werden kann; dies umfasst auch Eilverfahren zur Verhinderung von Verletzungshandlungen und Rechtsbehelfe zur Abschreckung von weiteren Verletzungshandlungen.
(2) Über die Bestimmungen des Absatzes 1 hinaus gelten die Durchsetzungsverfahren der jeweiligen Vertragspartei auch bei der Verletzung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten über digitale Netze, was gegebenenfalls die widerrechtliche Nutzung von Mitteln zur Weiterverbreitung zu rechtsverletzenden Zwecken einschließt. Diese Verfahren sind so anzuwenden, dass rechtmäßige Tätigkeiten, einschließlich des elektronischen Handels, nicht behindert werden und dass – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei – Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre beachtet werden.
(3) Jede Vertragspartei ist bestrebt, Kooperationsbemühungen im Wirtschaftsleben zu fördern, die darauf gerichtet sind, Verstöße gegen Marken, Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte wirksam zu bekämpfen und gleichzeitig den rechtmäßigen Wettbewerb und – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei – Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre zu beachten.
(4) Eine Vertragspartei kann in Übereinstimmung mit ihren Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihre zuständigen Behörden dazu ermächtigen, einem Online-Diensteanbieter gegenüber anzuordnen, einem Rechteinhaber unverzüglich die nötigen Informationen zur Identifizierung eines Abonnenten offenzulegen, dessen Konto zur mutmaßlichen Rechtsverletzung genutzt wurde, falls dieser Rechteinhaber die Verletzung eines Marken-, Urheber- oder verwandten Schutzrechts rechtsgenügend geltend gemacht hat und die Informationen zu dem Zweck eingeholt werden, diese Rechte zu schützen oder durchzusetzen. Diese Verfahren sind so anzuwenden, dass rechtmäßige Tätigkeiten, einschließlich des elektronischen Handels, nicht behindern werden und dass – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei – Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre beachtet werden.
(5) Jede Vertragspartei sieht einen hinreichenden Rechtsschutz und wirksame Rechtsbehelfe gegen die Umgehung wirksamer technischer Vorkehrungen1 vor, von denen Autoren, ausübende Künstler oder Hersteller von Tonträgern im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Rechte an ihren Werken, Darbietungen und Tonträgern Gebrauch machen und die Handlungen in Bezug auf ihre Werke, Darbietungen und Tonträger einschränken, welche die betreffenden Autoren,
ausübenden Künstler oder Hersteller von Tonträgern nicht erlaubt haben oder die nach dem Gesetz nicht zulässig sind.
(6) Um den hinreichenden Rechtsschutz und die wirksamen Rechtsbehelfe nach Absatz 5 zu gewährleisten, erlässt jede Vertragspartei Schutzbestimmungen zumindest gegen folgende Handlungen:
a) in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Rechtsvorschriften
i) das unerlaubte Umgehen einer wirksamen technischen Vorkehrung durch einen
Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine
Verletzungshandlung vornahm, und
ii) das öffentliche Feilbieten einer Vorrichtung oder eines Erzeugnisses, einschließlich
Computersoftware, oder einer Dienstleistung als Mittel zur Umgehung einer wirksamen
technischen Vorkehrung und
b) die Herstellung, die Einfuhr oder den Vertrieb von Vorrichtungen oder Erzeugnissen,
einschließlich Computersoftware, oder die Erbringung von Dienstleistungen,
i) die vornehmlich dazu bestimmt sind oder zu dem Zweck hergestellt werden, eine
wirksame technische Vorkehrung zu umgehen, oder
ii) die keinen wesentlichen anderen wirtschaftlich bedeutsamen Zweck haben als die
Umgehung einer wirksamen technischen Vorkehrung.
(7) Um elektronische Informationen für die Wahrnehmung der Rechte1 zu schützen, sieht jede
Vertragspartei hinreichenden Rechtsschutz und wirksame Rechtsbehelfe gegen Personen vor, die
wissentlich eine der nachstehenden Handlungen vornehmen, obwohl ihnen bekannt ist oder in
Bezug auf zivilrechtliche Rechtsbehelfe den Umständen nach bekannt sein muss, dass diese
Handlung die Verletzung eines Urheberrechts oder eines verwandten Schutzrechts herbeiführen,
ermöglichen, erleichtern oder verbergen wird:
a) Entfernung oder Änderung elektronischer Informationen für die Wahrnehmung der Rechte,
b) Verbreitung, Einfuhr zur Verbreitung, Sendung, öffentliche Wiedergabe oder
Zugänglichmachung von Werken, Darbietungen oder Tonträgern in Kenntnis des Umstands,
dass elektronische Informationen für die Wahrnehmung der Rechte unbefugt entfernt oder
geändert wurden.
(8) Sieht eine Vertragspartei hinreichenden Rechtsschutz und wirksame Rechtsbehelfe nach den
Absätzen 5 und 7 vor, so kann sie hinsichtlich der Maßnahmen zur Umsetzung der Bestimmungen
der Absätze 5, 6 und 7 angemessene Beschränkungen oder Ausnahmen einführen oder
aufrechterhalten. Die Verpflichtungen aus den Absätzen 5, 6 und 7 lassen die nach dem Recht einer
Vertragspartei geltenden Rechte, Beschränkungen, Ausnahmen oder Verteidigungsmittel im
Zusammenhang mit der Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte unberührt.

Den Vertragsentwurf finden Sie hier.