Prozeßkostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Kieler Anzeiger

Prozeßkostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe

Anwaltliche Beratungen und Rechtsstreitigkeiten verursachen Kosten. Aus diesem Grund wird häufig, z.B. bei einem Prozeß, auf einen Rechtsanwalt bzw. eine eingehende Rechtsberatung verzichtet. Ob sich das im Ergebnis rechnet, kann dahingestellt bleiben. Wer über ein nur geringes Einkommen verfügt muß nicht befürchten, deswegen schutzlos dazustehen bzw. von einer Beratung oder Prozeßvertretung durch einen Rechtsanwalt ablassen zu müssen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Prozeßkostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe bzw. Beratungshilfe erteilt werden.
Beratungshilfe
Wer sich eine anwaltliche Beratung und (außergerichtliche) Vertretung nicht leisten kann, hat die Möglichkeit, Beratungshilfe zu beantragen. Der Antrag muss beim Amtsgericht eingereicht werden.Voraussetzungen für die Bewilligung ist, dass der Antragsteller nicht in der Lage ist, die finanziellen Mittel für die anwaltliche Hilfe aufzubringen. Zudem darf die Hilfe nicht mutwillig in Anspruch genommen werden.Vermögen ist nur einzusetzen, wenn dies zumutbar ist, d.h. die Gegenstände dürfen weder dem Familienunterhalt noch der beruflichen Existenz dienen.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen stellt das Amtsgericht einen Berechtigungsschein aus. Danach ist nur ein Eigenanteil in Höhe von 10 € an den Rechtsanwalt zu zahlen. Der Antrag wird unter bestimmten Voraussetzungen abgelehnt. Das ist z.B. der Fall, wenn eine Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt oder eine günstigere Möglichkeit für die Beratung in Frage kommt (z.B. durch Mietervereine).
Beratungshilfe wird nur für das außergerichtliche Verfahren gewährt. Sie umfasst die Rechtsgebiete Zivilrecht (auch Arbeitsrecht), Verwaltungsrecht, Verfassungsrecht, Sozialrecht sowie Strafrecht und besteht in der außergerichtlichen Beratung und Vertretung. Im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht wird jedoch die Vertretung (wie etwa Schriftverkehr) nicht mit abgedeckt.
Für die gerichtliche Vertretung wird nicht Beratungshilfe gewährt, sondern – bei Vorliegen der Voraussetzungen – Prozesskostenhilfe.
Prozeßkostenhilfe
Um Prozeßkostenhilfe zu erlangen muß zuvor ein Antrag bei dem zuständigen Gericht gestellt werden. Dieser kann mit oder ohne anwaltlicher Hilfe eingereicht werden. In jedem Fall muß aber neben Angaben zu den Einkommensverhältnissen u.a. der Rechtsstreit so dargestellt werden, daß dem Gericht eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage vermittelt wird. Daher ist es sinnvoll bereits zur Antragstellung anwaltliche Hilfe hinzuzuziehen. Lehnt das Gericht den Bewilligungsantrag ab, müssen dem Gericht lediglich etwaige Auslagen und dem Rechtsanwalt der halbe Gebührensatz erstattet werden. Wenn Prozeßkostenhilfe bewilligt wird, bekommt der Antragsteller in der Regel in Form einer Ratenzahlungsvereinbarung Unterstützung bei der Durchführung eines Prozesses. Die Raten beruhen auf einem komplizierten Berechnungsverfahren, bei dem das berücksichtigungsfähige Einkommen (Vermögen) ermittelt wird. Die Höhe des Einkommens bestimmt dabei die zu leistenden monatlichen Raten. Nach einem Berechnungsverfahren ergeben sich so zumindest 4 und maximal 48 Monatsraten. Wenn kein ausreichendes Einkommen vorhanden ist, entfällt die Rückzahlungsverpflichtung. Unter bestimmten Umständen wird dem Antragsteller auch ein Rechtsanwalt beigeordnet. Dabei kann der Rechtsanwalt durch den Antragsteller frei gewählt werden. Wurde Prozeßkostenhilfe ratenfrei gewährt, bedeutet dass nicht, dass eine Rückzahlungsverpflichtung entfällt. Wessen Einkommen sich innerhalb von 58 Monaten verbessert bzw. erhöht, muss unter Umständen das Geld in entsprechenden Raten zurückzahlen. Der von Ihnen beauftragte Anwalt kann dann auch gegen Sie diejenigen Kosten geltend machen, auf welche er verzichtet hat, weil er sein Honorar im Rahmen der Prozeßkostenhilfe erhalten hat. Dieses Honorar ist geringer, als wenn Sie ihn hätten direkt bezahlen müssen.
Verfahrenskostenhilfe
Für den familienrechtlichen Bereich wird nicht Prozesskostenhilfe, sondern Verfahrenskostenhilfe nach dem FamFG gewährt. Die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe gelten auch hier, die §§ 114 ff. ZPO finden über das FamFG Anwendung. Besonderheiten finden sich lediglich in §§ 77, 78 FamFG.