Interview mit Prof. Dr. Dr. Thomas Vormbaum - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Jumag

Interview mit Prof. Dr. Dr. Thomas Vormbaum

Prof. Dr. Dr. Vormbaum, Jahrgang 1943, studierte Rechts-, Geschichts-, und Politikwissenschaft in Münster und Würzburg. Sein Erstes Juristisches Staatsexamen legte er 1969 vor dem OLG Hamm ab. Anschließend absolvierte er dort sein Referendariat und beendete dieses mit dem Zweiten Juristisches Staatsexamen beim LJPA Düsseldorf 1973. 1975 und 1979 promovierte er an der WWU Münster zum Dr. iur. 1975 und Dr. phil.; eine Habilitation schloß sich dort 1985 an.
Seine Forschungs- und Interessenschwerpunkte umfassen das Straf- und Strafprozeßrecht, die Juristische Zeitgeschichte insbes. (im Bereich der Juristischen Zeitgeschichte) Methodenfragen der Juristischen Zeitgeschichte, die Strafrechtsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und (im Bereich des Strafrechts) Rechtspflegedelikte, v.a. Aussagedelikte.
Seit 1993 ist Prof Dr. Dr. Vormbaum Leiter des Lehrgebietes Strafrecht, Strafprozeßrecht und Juristische Zeitgeschichte an der Fernuniversitiät Hagen. Im Studienjahr 1996/97 übernahm er zusätzlich das Weiterbildungsstudium „Einführung in den Anwaltsberuf“, das seitdem beträchtlich ausgeweitet wurde. Zielsetzung des Studiums ist, die für die Ausübung des Anwaltsberufs wichtigen Regelungen, deren theoretische Grundlagen und berufspraktische Kenntnisse zu vermitteln. Die bei der Ausbildung zum Volljuristen, welche auf die Befähigung zum Richteramt ausgerichtet ist, notwendigerweise entstehenden Ausbildungslücken, sollen so geschlossen und die Berufsaufnahme und -ausübung als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt erleichtert werden. Das Studium richtet sich daher primär an Referendare und junge Assessoren, wobei die durch Bearbeitung von Einsendeaufgaben nachgewiesene erfolgreiche Teilnahme am Gesamtprogramm auf Antrag mit einem Zeugnis bestätigt wird. Für die erfolgreiche Bearbeitung einzelner Themenbereiche werden – ebenfalls auf Antrag – entsprechende Zertifikate ausgestellt. Die Teilnehmerzahl liegt mittlerweile bei 1600 Gasthörern.
jumag: Was versprechen sich Studenten bzw. Referendare von der Absolvierung des bei Ihnen am Institut angebotenen Fernstudiums „Einführung in den Anwaltsberuf?“
Vormbaum: Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche den Anwaltsberuf aufnehmen wollen, versuchen in erster Linie berufsspezifische Kenntnisse zu erwerben, welche so offensichtlich bislang noch nicht im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden. Sie verbessern auf diese Weise zusätzlich ihren Marktwert. Es ist also nicht verwunderlich, daß sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die erfolgreiche Teilnahme an diesem Weiterbildungsstudium durch ein von uns erteiltes Zeugnis bestätigen lassen, was dann offensichtlich in die jeweilige Bewerbung mit aufgenommen wird.
jumag: Sie sind also der Ansicht, daß die Teilnahme am Weiterbildungsstudium „Einführung in den Anwaltsberuf“ die Aussichten auf eine Einstellung verbessern könnte. Wie verhält es sich dabei aber mit den Kosten? Besteht nicht die Gefahr, daß das Weiterbildungsstudium nur von einem bestimmten Teil von Studenten bzw. Referendaren wahrgenommen werden kann, zumal erst kürzlich die Referendarbezüge gekürzt wurden.
Vormbaum: Die Teilnahme an unserem Weiterbildungsstudium ist zwangsläufig mit Kosten verbunden. Diese Investition ist nicht gering. Sie erklärt sich daraus, dass Weiterbildungsmaßnahmen aus der Sicht des Staates kostendeckend erfolgen müssen, also nicht subventioniert werden. Die Situation ist um so unglücklicher, weil gleichzeitig mit der Reduzierung der Referendarbezüge die Kursgebühren für das Weiterbildungsstudium gestiegen sind, da sie den Verwaltungskosten angeglichen werden mußten. Auf der anderen Seite bieten wir für die Kursgebühren umfangreiche Lehrmittel. Zudem beinhalten die Kursgebühren die Korrekturkosten für die zu den jeweiligen Kurseinheiten angebotenen Klausuren. Diese sind natürlich auch Voraussetzung dafür, daß ein Nachweis über den Abschluß des Weiterbildungsstudiums erworben werden kann.
jumag: Es gibt ja die Debatte, einen Teil der Referendarausbildung der Anwaltschaft zu übertragen. Wäre diese dazu überhaupt in der Lage? Wäre eine Kooperation mit der Fernuniversität Hagen nicht möglich?
Vormbaum: Selbstverständlich wäre eine solche Kooperation begrüßenswert, zumal auf diese Weise auch ein allgemeiner Standard eingeführt werden könnte. Wir wären dazu auch in kürzester Zeit in der Lage, da unser Angebot in erster Linie auf Juristen im 2. Ausbildungsabschnitt ausgerichtet ist.
jumag: Was ist der optimale Zeitpunkt für den Beginn des Weiterbildungsstudiums?
Vormbaum: Ich kann nur empfehlen, möglichst frühzeitig im Rahmen des Referendariats das Weiterbildungsstudium zu beginnen. Es sollte nicht erst während der Anwaltsstation begonnen werden, da bereits zu diesem Zeitpunkt spezifische Kenntnisse erforderlich sind. Zumal dann auch die Möglichkeit besteht, das bereits erworbene Wissen in die praktische Tätigkeit mit einfließen zu lassen, was möglicherweise auch dem jeweiligen Ausbilder nicht verborgen bleiben wird. Außerdem kann so das 2. Staatsexamen in Ruhe und ohne Hektik angegangen werden. Natürlich kann auch die mittlerweile obligatorische Wartezeit mit der Aufnahme des Weiterbildungsstudiums überbrückt werden. Das Weiterbildungsstudium dauert übrigens genau 1 Jahr, wobei der Einstieg jederzeit möglich ist. Es ist also völlig gleichgültig, ob damit im Herbst oder im Frühjahr begonnen wird. Momentan besteht das Weiterbildungstudium aus Kurseinheiten zum Steuerrecht, Berufsordnung, Kanzleigründung, Anwaltshaftung, Gebührenrecht, (…).Die Kurseinheiten können auch separat belegt werden. Übrigens reagieren wir auf die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Verbesserungen am Ausbildungsmaterial und -angebot sind so laufend möglich.
jumag: Welche Angebote bieten Sie Juristen sonst noch?
Vormbaum: Es besteht die Möglichkeit der Teilnahme an Kurseinheiten zur Einführung in die anglo/amerikanische, spanische, französische und italienische Rechtssprache. Auch gibt es im Fachbereich Rechtswissenschaft der Fernuniversität ein eigenständiges Weiterbildungsstudium zu dem Bereich Mediation. Wir selber werden bald spezifische Kurseinheiten zu den Themen „Sport und Recht“ und „Medizin und Recht“ anbieten. Wir sind uns bewußt, daß eine gezielte Spezialisierung eine sehr gute Möglichkeit für junge Anwälte ist, sich frühzeitig am Markt zu etablieren. Wir werden natürlich auch weiterhin neue Angebote entwickeln und anbieten.
jumag: Wird ein solch spezielles Angebot wie Sport- bzw. Medizinrecht überhaupt auf eine ausreichende Anzahl von Interessenten stoßen?
Vormbaum: Ich denke ja. Bei Medizinrecht liegt das auf der Hand. Der Bedarf ist vorhanden, da es nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl von ausgewiesenen Spezialisten gibt. Das gilt aber ebenso für das Sportrecht. Die zunehmende Freizeitbedeutung, organisatorische Durchdringung und Verrechtlichung des Sportes stellt eine gute Grundlage für eine Spezialisierung dar. Denken Sie nur einmal an die Arbeitsprozesse zwischen Spielern und Vereinen, an die Frage der Grundrechtsgeltung im Sport, Doping.
jumag: Welche Angebote planen Sie weiterhin?
Geplant ist am hiesigen Lehrstuhl, und das ist ein absolutes Novum, eine spezifische Weiterbildung für Anwälte in Form des Erwerbs der Fachanwaltschaft für Strafrecht. Wir stehen insoweit in Kontakt mit den Anwaltskammern, haben z.T. auch positive Rückmeldungen. Das Interesse ist vorhanden. Eine Fachanwaltsausbildung durch die Fernuniversität böte ganz konkrete Vorteile: langwierige Präsenzveranstaltungen würden ebenso wie Fahrt- und Unterbringungskosten entfallen. Gerade diese Wochenendreisen schrecken viele potentielle Teilnehmer ab. Bei dem Erwerb der Fachanwaltschaft im Strafrecht via Fernstudium müßte der Kanzleibetrieb für die Dauer der Ausbildung nicht gravierend umgestellt werden. Die Notwendigkeit einer Vertretung würde entfallen. Lediglich für die Anfertigung der Abschlußklausuren müßten die Teilnehmer die Fernuniversität bzw. einen anderen Ort aufsuchen. Es liegt jetzt allein bei den Rechtsanwaltskammern bzw. der Bundesrechtsanwaltskammer, ob eine Ausbildung zum Fachanwalt im Strafrecht durch die Fernuniversität Hagen durchgeführt werden kann. Wenn eine entsprechende Entscheidung vorliegt, werden wir in kürzester Zeit damit beginnen können.
jumag: Ich bedanke mich für das Gespräch
Das Weiterbildungsstudium „Einführung in den Anwaltsberuf“ enthält bisher folgende Kurseinheiten:
Themenbereich Kosten (Gebühren & Fernstudienmaterial seit dem 01.06.99)
A: Praxisgründung DM 475,-
B: Berufsrecht DM 525,-
C: Besteuerung DM 475
D: Gebührenrecht DM 525,-
E: Verkehrsrecht DM 475,-
F: Arbeits- und Sozialrecht DM 525,-
G: Strafverteidigung DM 475,-
K: Rechtssprache
– anglo/amerikanisch DM 145,-
– französisch DM 145,-
– italienisch DM 145,-
– spanisch DM 150,-
Kontakt: FernUniversiät
Gesamthochschule Hagen
Fachbereich Rechtswissenschaft
Geschäftsführung „Einführung in den Anwaltsberuf“
Frau Assessorin Iris Guhl-Finkenthei
Feithstraße 140 / AVZ I
58084 Hagen
Telefon: 02331/9872900